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Oberstufe | Sek. II

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10. Jahrgang: Ein Zeitzeuge erzählt aus seiner Zeit in der ehemaligen DDR

25.02.2025

Manfred Casper, 74 Jahre alt, erzählte an der Integrierten Gesamtschule Salzgitter (IGS) seine bewegte deutsch-deutsche Geschichte und fesselte damit die Zehntklässler. Die Schule und die Friedrich-Naumann-Stiftung hatten die Veranstaltung unterstützt.

In Stollberg im Erzgebirge aufgewachsen, schilderte Casper lebhaft seine Kindheit in der DDR. Er erinnerte sich an viele positive Erlebnisse, doch auch an Menschen, die plötzlich verschwanden: sein Mathematik- und Physiklehrer, der Kinderarzt und Nachbarn. Der Grund? „Entweder flohen sie oder wurden verhaftet. “ Diese Erfahrungen prägten sein Staatsbild. Seine Eltern warnten ihn früh, politische Themen nur innerhalb der Familie zu besprechen.

Ein Wendepunkt war der Mauerbau 1961, der die Besuche bei seiner Großmutter in Braunschweig abrupt beendete. Bis dahin hatte ein Arzt mit gefälschten Attesten die Reisen ermöglicht. Während eines solchen Besuchs erfuhren sie vom Mauerbau. Caspers Mutter entschied, mit ihm in die DDR zurückzukehren, um die Familie nicht im Stich zu lassen. Der Mauerbau war für Casper ein „Paukenschlag“. Obwohl er die Schule abschloss, wuchs der Wunsch nach Ausreise oder Flucht.

Besonders bewegend schilderte er seinen missglückten Fluchtversuch 1969. In Bulgarien versuchte er, nach Jugoslawien zu entkommen. Aus Rücksicht auf seinen Freund erzählte er von seinen Fluchtplänen nichts, sondern ging eines Tages „spazieren“. Der Versuch scheiterte, Casper wurde verhaftet und zu 17 Monaten Haft verurteilt. Die bedrückenden Bedingungen im Zuchthaus Cottbus schilderte er eindrucksvoll. Wiederholt leistete er Widerstand, was die Haft verschärfte. Dort sah er seinen Vater zum letzten Mal, da ihm der weitere Zugang verwehrt wurde und der Vater starb.

1970 kaufte ihn die Bundesrepublik frei, was ihm ein neues Leben ermöglichte. Er studierte Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaft, wollte Lehrer werden, wechselte aber wegen des Überangebots an Lehrkräften zur Betriebswirtschaft. Schließlich wurde er 25 Jahre Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Braunschweig. Doch auch in der Bundesrepublik überwachte ihn die Stasi.

Nach seinem Vortrag stellten die Schüler viele Fragen. Besonders eindrucksvoll war sein Bericht über seine Stasi-Akten, die über 700 Seiten umfassten und zeigten, dass er Freunden im Osten zur Flucht verhelfen wollte.

Mit großem Applaus würdigten Schüler und Lehrkräfte den Gast, der ihnen die Bedeutung von Freiheit und Demokratie nahebrachte. Casper tritt bundesweit als Zeitzeuge auf und engagiert sich für das Verständnis zwischen Ost- und Westdeutschland.

Text: Benjamin Kozlowski
Fotos: Ines Gebhardt, Benjamin Kozlowski

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